Da stibitz’ ich mir ein Achterl: Coravin

Veröffentlicht am 27. Juni 2015 von Roman
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Die teure und seltene Flasche Wein im Keller? Oder Abends aus einer großen Auswahl an Weinen wählen (lassen)? Verkosten und mitverfolgen, wie eine Flasche Wein über die Jahre reift? Bis hin zum Service im Restaurant, wo man aus allen Flaschen Wein im Weinklimaschrank zurückgreifen kann? Das klingt fast ein bisschen wie ein Märchen. Denn wie soll das gehen? Man kann ja nicht alle Flaschen öffnen. Denn durch das Öffnen kommt Sauerstoff in die Flasche und ein Oxidationsprozess setzt ein. Teilweise will man das auch (den Wein atmen lassen) – aber nach einer längeren Zeit und je nach Alter des Weines, gehen die Aromen und vielschichtigen Geschmacksnuancen verloren und der Wein verliert an Raffinesse. Wie schnell dieser Prozess voranschreitet, hängt ganz vom Reifegrad, der Machart und dem Alter des Weines ab.

Um dies zu verhindern, muss man sich einerseits gut mit Weinen auskennen und/oder andererseits eine geöffnete Flasche Wein dann auch zeitnah austrinken. Wo wir wiederum bei einem anderen Problemchen angelangt sind. Denn wer macht schon eine Weinverkostung mit 4-8 Weinen und trinkt dann alle Flaschen aus. Vielleicht geht das noch in einer größeren Gruppe, aber privat oder einfach für sich alleine geht das nicht mehr. Wenn in der Flasche (die ja nun auch weniger Flüssigkeit beinhaltet und mehr Raum für Luft (Sauerstoff) hat, hilft auch kein dichtes Verschließen mehr. Die Oxidation schreitet mit dem nun in der Flasche eingeschlossenem Sauerstoff zügig voran.

Aber jetzt gibt es eine Alternative dazu


Coravin heißt das Wunderding für Weinliebhaber und -enthusiasten. Das System ist relativ simpel. Wie eine Art Korkenzieher setzt man das Gerät auf die geschlossene und versiegelte Flasche und sticht dann mit einer dünnen Nadel durch den Verschluss und Korken (funktioniert natürlich nicht bei Glas- oder Drehverschlüssen). Danach kippt man die Flasche und drückt auf einen Knopf, der ein spezielles Gas aus einer Patrone (Argongas) in die Flasche mit Druck einfließen lässt und dadurch ebenfalls durch die Nadel den Wein austreten lässt. Diesen Vorgang wiederholt man solange, bis man die gewünschte Menge Wein aus der Flasche entnommen hat. Dies dauert natürlich ein wenig, da die Nadel ja sehr dünn ist, um nicht zuviel vom Korken zu zerstören.

Anschließend stellt man die Flasche wieder auf und zieht die Nadel behutsam heraus. Da das entstandene Loch im Korken (die Nadel gibt es unterschiedlichen Ausführungen und Stärken – je nach gewünschter Anwendung/Weinart/Alter des Korken) sehr klein ist, verschließt der elastische Korken sich wieder von selbst und lässt keine Flüssigkeit mehr aus der Flasche. Die Füllung mit dem Argongas in der Flasche sorgt wiederum dafür, dass der verbliebene Wein keinen Sauerstoff zum Oxidieren hat und man die Flasche Wein für ein paar weitere Jahre im Keller weiterlagern und reifen lassen kann. Freilich sollte man den gerade entnommenen Wein dann auch die entsprechende Reifung und Ruhe im Glas angedeihen lassen. Denn erst an der Luft und im Glas bekommt er genügend Luft für die optimale Entfaltung seines Genusses. Für eine entsprechende Weinverkostung muss man also dennoch ein wenig Ruhe mitbringen. Wein bleibt halt immer noch etwas raffiniertes. Gerade das macht den Reiz an ihm (neben dem Geschmack) natürlich auch aus.

Gut oder schlecht?


Gestern am Abend haben wir eine angeregte Diskussion gehabt, ob der Coravin und diese Technik nun etwas Gutes oder eher etwas Negatives ist? Klarerweise nimmt man damit dem Wein im Weinkeller eine gewisse Mythik. Es hat auf einen gewissen Reiz, dass man eben nicht genau weiß, wie ein Wein in einer Flasche schmeckt oder reift. Und erhöht den Überraschungsmoment. Außerdem sollte man bei der Verwendung von Coravin eine genaue Liste mit Verkostungsnotizen und Markierung an den so 'angestochenen' Weinen vornehmen. Sonst hat man im Laufe der Zeit ein heilloses Durcheinander von Weinen mit unterschiedlichen Füllständen im Weinkeller herumliegen. Was zwar vielleicht kein Problem darstellt – aber eine volle und frisch entkorkte Flasche mit Gästen hat halt doch auch ihren Reiz (auch, wenn sie meist dann ohnehin erst ist die Glaskaraffe wandert).

Richtig angewandt und eingesetzt kann Coravin allerdings ein wertvoller Wegbegleiter für so manchen Weinliebhaber sein. Vielleicht ist gerade deswegen im Moment auch so ein kleiner Hype darum ausgebrochen. Alle Weinkenner schwärmen davon. Wein+Co setzt groß darauf. Sicher auch, weil die Gewinnspanne bei dem Gerät keine schlechte sein ist (kostet rund 300 Euro im Geschäft, auf der Coravin Webseite oder bei Amazon), Robert Parker und andere Tester sind ebenfalls davon überzeugt. Und auch bei uns wird so ein Teil wohl bald angeschafft werden.

Wirklich freuen würden wir uns, wenn sich das in den Lokalen und Restaurants durchsetzt. Glasweise neue Weine zu verkosten würde dann viel mehr Spaß machen und einen neuen Erlebniswert bringen. Oder auch bei Weinverkostungen, bei denen man dann auch die teureren und seltenen Weine eher in der Verkostung vorfindet. Blindverkostungen und vieles mehr kann man sich durch Coravin nun auch vorstellen. Alles in allem also ein Wunderding für Weinliebhaber.


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